Vorlage - HIL/2020/142  

Betreff: Änderung/Anpassung der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 NKAG für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde Hillerse vom 31.07.2017
hier: Antrag der CDU-Fraktion im Gemeinderat Hillerse vom 12.02.2020
Status:öffentlich  
  Aktenzeichen:20 - 22 53 00
Beratungsfolge:
Haushaltsausschuss der Gemeinde Hillerse Vorberatung
21.09.2020 
14. Sitzung des Haushaltsausschusses der Gemeinde Hillerse geändert beschlossen     
Verwaltungsausschuss der Gemeinde Hillerse Vorberatung
Gemeinderat Hillerse Entscheidung
30.09.2020 
23. Sitzung des Rates der Gemeinde Hillerse ungeändert beschlossen     
Anlagen:
Anlage 1_Neufassung ABS  
Anlage 2_Antrag CDU Fraktion im Gemeinderat Hillerse vom 12.02.2020  
Anlage 3_Gesetzestext Änderung NKAG vom 24.10.2019  
Anlage 4_Gegenüberstellung ABS 2017 _ ABS 2021  
Anlage 5_Beispielberechnung Anteilssätze  
Anlage 6_Beispielberechnung Eckgrundstücksvergünstigung  
Anlage 7_Beispielrechnung Erhöhung Hebesätze Grundsteuer  

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Beschlussvorschlag:

 

1. Die Neufassung der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz (NKAG) für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde Hillerse (ABS) wird beschlossen – Anlage 1.

 

2. Die Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung tritt zum 01.01.2021 in Kraft.

 

3. Bis zum Eintritt der Rechtskraft der Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung werden für das Haushaltsjahr 2020 vorgesehene Straßenbaumaßnahmen ausgesetzt.

 

4. Zur Einführung wiederkehrender Beiträge im Sinne des § 6 c NKAG wird der Verwaltung mittelfristig – innerhalb der nächsten 5 Jahre – ein Prüfungsauftrag erteilt.

 

 

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Sachverhalt:

 

Der Antrag der CDU-Fraktion im Gemeinderat Hillerse vom 12.02.2020 ist als Anlage 2  beigefügt.

 

Die Aufrechterhaltung des gemeindlichen Straßennetzes und die hierzu erforderlichen Ausbaumaßnahmen kosten Geld. Dieses Geld ist grundsätzlich von der Gemeinde als zuständigem Träger der Straßenbaulast und Verkehrssicherungspflichtigem aufzuwenden.

Solange Straßenbaumaßnahmen durchgeführt werden, werden die Bürger nicht entlastet, denn am Schluss stammen alle gemeindlichen Einnahmen aus Abgaben, Leistungsentgelten, Kostenerstattungen oder dergleichen, die die Bürger aufzubringen haben. Selbst dann, wenn das Land – wie vielfach politisch und auch von den Bürgerinitiativen gefordert – bei einem Wegfall der Straßenausbaubeiträge Ausgleichszahlungen an die Gemeinden gewähren würde, so handelt es sich hierbei letztlich auch um Gelder, die zuvor von steuerzahlenden Bürgern erhoben worden sind.

 

Viele Bürgerinnen und Bürger empfinden die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen durch die Kommunen als ungerecht, da sie den Ausbau „ihrer Straße“ nicht mit einer für sie gegebenen Vorteilssituation in Zusammenhang sehen. Insbesondere hohe Beiträge werden nicht akzeptiert.

 

Einzuräumen ist, dass ein Straßenausbaubeitrag die Größenordnung eines unteren fünfstelligen Betrages oder gar mehr erreichen kann. Das betrifft allerdings nicht Eigentümer kleinerer, einzig mit einem Eigenheim bebauter Grundstücke, sondern regelmäßig nur Eigentümer von großflächigen, intensiv z.B. gewerblich genutzten Grundstücken.

 

Richtig ist, dass die Eigentümer der Grundstücke, die an eine ausgebaute Straße angrenzen, nicht die einzigen Benutzer dieser Straße sind, sie vielmehr auch von Mietern, Besuchern und anderen Personen in Anspruch genommen wird. Darauf reagiert das Straßenausbaubeitragsrecht dadurch, dass es den betreffenden Grundeigentümern nur einen Anteil von den für die Sanierung „ihrer“ Gemeindestraße entstandenen Ausbaukosten auferlegt.

 

Den Kommunen in Niedersachsen ist es unter Berücksichtigung ihrer individuellen Finanzkraft grundsätzlich freigestellt, für die in ihrer Baulast stehenden öffentlichen Straßen Straßenausbaubeiträge zu erheben. Sofern eine Erhebung unverändert stattfinden soll, ist die Kommune gehalten, eine entsprechende Satzung zu erlassen. Zudem gelten die in § 111 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) geregelten Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung. Danach haben die Gemeinden die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel vorrangig aus speziellen Entgelten (Gebühren, Beiträge) und nachrangig aus allgemeinen Steuermitteln zu beschaffen.

 

Auch in Kommunen, in denen künftig keine Straßenausbaubeiträge mehr erhoben werden sollen und die aufgrund ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zur Aufhebung berechtigt sind, zeigt sich teilweise Unmut in der Bevölkerung, weil die wegfallenden Beiträge vielfach durch Grundsteuererhöhungen kompensiert werden. Grundstückseigentümer, die in der Vergangenheit entweder Erschließungsbeiträge oder Straßenausbaubeiträge gezahlt hatten, fühlen sich durch Grundsteuererhöhungen doppelt belastet.

 

Im Bereich der öffentlichen Medien werden derzeit folgende Varianten in Zusammenhang mit den Straßenausbaubeiträgen kontrovers diskutiert:

 

  1. Beibehaltung – auch unter Einbeziehung der Vergünstigungsregelungen für die Beitragspflichtigen nach § 6 b NKAG,
  2. Umgestaltung – Einführung von wiederkehrenden Beiträgen gem. § 6 c NKAG,
  3. Abschaffung.

 

 

Zu I.: Beibehaltung

 

Mit der vom Nds. Landtag beschlossenen Änderung des NKAG und anderer Gesetze zur Flexibilisierung von Straßenausbaubeiträgen vom 24.10.2019Anlage 3 - wird den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt, zum einen die Beitragslast für die betroffenen Grundstückseigentümer zu senken und zum anderen – unabhängig von bereits bestehenden Billigkeitsregelungen – eine Verrentung von Beiträgen zuzulassen.

 

Der neue § 6 b NKAG soll die Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Beiträgen in § 6 NKAG lediglich ergänzen. § 6 NKAG bleibt weiterhin Ermächtigungsgrundlage – insbesondere für die Erhebung von Beiträgen für Verkehrsanlagen. Ebenso bleibt die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes nach dem Vorteilsprinzip unverändert bestehen.

 

Zur abschließenden Entscheidungsfindung werden sämtliche auf der Gesetzesänderung basierenden Details nachfolgend erläutert. 

 

Die derzeit geltende Straßenausbaubeitragssatzung aus dem Jahre 2017 wurde von der Verwaltung überarbeitet und ergänzt. In der als Anlage beigefügten Übersicht - Anlage 4 - wurden die Änderungen und Ergänzungen der alten Fassung gegenübergestellt und farblich markiert.

 

Fast alle vom Gesetzgeber verfassten Änderungen führen zur Entlastung der betroffenen Beitragspflichtigen und gegenteilig zu einer höheren Belastung der gemeindlichen Haushalte.

 

Im Einzelnen:

 

1. Verringerung der Anteilssätze der Anlieger nach § 4 ABS (keine Regelung der NKAG-Neufassung)

 

Im Rahmen der Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung wird auf Initiative der Verwaltung eine Reduzierung der Anteilssätze zugunsten der Anlieger vorgeschlagen. Die bisherigen Satzungen legen die nach Gesetz und Rechtsprechung höchst möglichen Anteilssätze gegenüber den Beitragspflichtigen fest, z.B. 75 v.H. bei Anliegerstraßen.

 

Mit der vorgeschlagenen Änderung erfolgt eine Umstellung auf nunmehr geltende Minimalsätze zu Lasten der Gemeinde, z.B. 60 v.H. bei Anliegerstraßen.

 

Die Bestimmung der Anteilssätze ist ein Akt der gemeindlichen Rechtsetzung. Bei der Anpassung der Anteilssätze ist allerdings u.a. Folgendes zu beachten:

 

  • Einhaltung von Ober- und Untergrenzen (60 bis 75 v.H. bei Anliegerstraßen – Beschluss OVG Lüneburg)
  • Sämtliche Anteilssätze aller Straßenkategorien müssen ein in sich geschlossenes System bilden und vorteilsgerecht aufeinander abgestimmt sein.

 

 

Die finanziellen Folgen der Anpassung der Anteilssätze kann der Beispielberechnung – Anlagen 5 und 6 – entnommen werden.

 

Empfehlung der Verwaltung: Aufnahme in die ABS

 

2. Festlegung eines höheren Kostendeckungsgrades durch die Gemeinde (§ 6 b Abs. 1 Satz 1 NKAG Neufassung)

 

Als weitere Möglichkeit zur Entlastung der beitragspflichtigen Anlieger hat der Gesetzgeber den Gemeinden die Option eingeräumt, bei der Bemessung der Straßenausbaubeiträge nur

einen Teil des beitragsfähigen Aufwandes einzubeziehen. Somit besteht theoretisch die Möglichkeit, den beitragsfähigen Aufwand um pauschal 10 v.H. zu kürzen.

 

Da bereits unter Ziffer 1. die Reduzierung der Anteilssätze für die Anlieger vorgeschlagen wurde, ist aus Sicht der Verwaltung eine doppelte Ermäßigung entbehrlich.

 

Empfehlung der Verwaltung: Keine Aufnahme in die ABS

 

 

3. Abzug von Zuschüssen vom beitragsfähiger Aufwand vor Berechnung der Beiträge (§ 6 b Abs. 1 Satz 2 NKAG Neufassung)

 

Nach § 4 Abs. 3 der bisherigen ABS waren Zuschüsse Dritter, soweit der Zuschussgeber nichts anderes bestimmt hat, zunächst zur Deckung der Anteile der Gemeinde zu verwenden. Diese Regelung kann durch eine Formulierung ersetzt werden, wonach die Zuschüsse – zugunsten der Anlieger - vom beitragsfähigen Aufwand abzuziehen sind.

 

Zu den bisher durchgeführten Abrechnungen im Zusammenhang mit der Gewährung von Zuschüssen im Rahmen einer Dorferneuerung oder dem Ausbau von sog. Wirtschaftswegen ergeben sich de facto keine Änderungen, weil der Zuschussgeber bei diesen Erhebungen schon immer bestimmt hat, dass die Zuwendungen direkt vom beitragsfähigen Aufwand in Abzug zu bringen waren. Insoweit haben die Beitragspflichtigen schon immer auch von diesen Zuschüssen profitiert.

 

Lediglich bei der Gewährung von Zuschüssen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) war bisher eine Anrechnung zur Entlastung der Beitragspflichtigen unzulässig. Da das GVFG aber ebenfalls geändert wurde, ist nunmehr auch der Kostenenteil der Anlieger zuwendungsfähig.

 

Empfehlung der Verwaltung: Aufnahme in die ABS

 

4. Zulässigkeit von Eckgrundstücksvergünstigungen (§ 6 b Abs. 2 NKAG Neufassung)

 

Durch die Neuregelung können Eckgrundstücksvergünstigungen in die ABS aufgenommen werden. Diese Regelung ist für das Straßenausbaubeitragsrecht neu und war bisher im Satzungsrecht der Gemeinde nicht verankert. Die Aufnahme führt zu einem Teilerlass des Beitrages zu Lasten der Gemeinde. Anders als im Erschließungsbeitragsrecht, bei dem der Ausfall durch die Gewährung der Vergünstigung durch die anderen Beitragspflichtigen getragen wird, ist dieser Ausfall im Straßenausbaubeitragsrecht allein von der Kommune zu übernehmen.

 

Die aufgenommene Regelung entspricht der Formulierung aus der Erschließungsbeitragssatzung. Diese sieht eine 1/3-Ermäßigung bis zu einer Grundstücksgröße von 1.200 qm vor, d.h. die maximale Ermäßigungsfläche beträgt 400 qm.

 

Die Anwendung wird auf baulich oder gewerblich genutzte Grundstücke innerhalb der Ortslage begrenzt. Allerdings sollen überwiegend gewerblich genutzte Grundstücke nicht in den Genuss der Vergünstigungsregelung kommen.

 

Die Eckgrundstücksvergünstigung soll zudem nicht für Außenbereichsgrundstücke gelten, da hier generell von großflächigen Grundstücken auszugehen ist.

 

Die finanziellen Folgen der Aufnahme der Eckgrundstücksvergünstigung kann der Beispielberechnung – Anlagen 5 und 6 – entnommen werden.

 

Empfehlung der Verwaltung:  Aufnahme in die ABS

 

 

5. Aufnahme einer Tiefenbegrenzungsregelung (§ 6 b Abs. 2 NKAG Neufassung)

 

Nach § 6 b Abs. 2 NKAG können tiefenmäßige Begrenzungen in die ABS aufgenommen werden. Die bestehende ABS enthält bereits eine Tiefenbegrenzungsregelung, die der aktuellen Rechtsprechung entspricht, und dazu dient, bei übergroßen Grundstücken die Innenbereichs- von den Außenbereichsflächen abzugrenzen. Die an den örtlichen Gegebenheiten angepasste Tiefenbegrenzung beträgt 50 m – mindestens aber bis zum Ende der letzten Bebauung -. Diese bestehende Regelung sollte beibehalten werden.

 

Die Aufnahme einer derartigen Regelung führt nicht zu einer Entlastung der Beitragspflichtigen, sondern nur zu einer Umverteilung des umlagefähigen Aufwandes innerhalb des Abrechnungsgebietes.

 

Empfehlung der Verwaltung: Keine Aufnahme in die ABS

 

 

 

 

6. Verrentungsmöglichkeit (§ 6 b Abs. 4 NKAG Neufassung)

 

Durch die Neuregelung kann die Kommune auf Antrag zulassen, dass der Beitrag für Verkehrsanlagen in Form einer Rente gezahlt wird. Durch die Verrentung wird die Fälligkeit von Teilen der Beitragsschuld unterschiedlich hinausgeschoben – maximal für einen Zeitraum von 20 Jahren. Die Antragstellung sollte erst ab einem Beitrag in Höhe von 5.000,00 € zulässig sein.

 

Der Zinssatz richtet sich nach dem jeweils zu Beginn des Jahres geltenden Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der derzeit negativ bei – 0,88 % liegt. Bei einem vorgeschlagenen Festzinssatz von 2 % beträgt damit die Realverzinsung = + 1,12 %.

 

Ab dem vierten Jahr nach Fälligkeit des Beitrages muss eine Sicherungshypothek in das jeweilige Grundbuch eingetragen werden, weil die Beitragsforderung als öffentliche Last dann ihren Vorrang im Rahmen einer Zwangsversteigerung verliert und von dem dritten Rang in den siebten Rang zurückfällt. Durch die Sicherungshypothek wird gewährleistet, dass die Forderung im vierten Rang realisierbar bleibt. 

 

Empfehlung der Verwaltung: Aufnahme in die ABS

 

Nachrichtlich:

 

Neben dem Verrentungsverfahren wird es weiterhin die Möglichkeit der Stundungs- und Ratenzahlungsgewährung – gerade bei Beiträgen unter 5.000,00 € - geben. Hierzu wird in § 6 b Abs. 4 NKAG explizit darauf hingewiesen, dass Stundungen unverändert auf der Rechtsgrundlage der Abgabenordnung basieren. Demzufolge beträgt der Zinssatz für Stundungen unverändert = 6 % im Jahr.

 

7. Informationspflicht gegenüber den Beitragspflichtigen (§ 6 b Abs. 3 NKAG Neufassung)

 

Die Neuregelung sieht eine Informationspflicht der Gemeinde gegenüber den beitragspflichtigen Grundstückseigentümern in zwei Stufen vor.

 

a)   In einem ersten Schritt sollen die voraussichtlich Beitragspflichtigen möglichst frühzeitig von der Gemeinde über die beabsichtigte Durchführung einer beitragsfähigen Maßnahme an einer Verkehrsanlage unter Beifügung der Planung und über das Verfahren der Beitragserhebung einschließlich in Betracht kommender Billigkeitsmaßnahmen informiert werden.

 

Seitens der Verwaltung wird zukünftig hierzu eine schriftliche Vorabinformation ergehen. Da entsprechende Straßenbaumaßnahmen in die jeweiligen Haushaltspläne aufgenommen werden müssen, kommt als Zeitpunkt die Rechtswirksamkeit des Haushaltsplanes in Frage.

 

b)   Im zweiten Schritt soll die Kommune die Beitragspflichtigen spätestens drei Monate vor Beginn der Straßenbaumaßnahme über die vorläufige Aufwandsermittlung und die Höhe der voraussichtlichen Beiträge informieren. Die Gemeinden erfüllen diese Vorgabe bereits heute mit der Durchführung von Anliegerversammlungen. In diesen Veranstaltungen wird ausführlich die technische Durchführung der Maßnahme mit Bekanntgabe des Zeitenplanes und die mit der Erhebung eines Straßenausbaubeitrages verbundenen Daten einschließlich der Hinweise auf mögliche Billigkeitsmaßnahmen vorgestellt.

 

In der ABS muss die vorgenannte Informationspflicht der Gemeinde nicht geregelt werden.

 

Empfehlung der Verwaltung: Keine Aufnahme in die ABS

 

Zur Wahrung der Übersichtlichkeit ist die Verabschiedung einer Neufassung im Gegensatz zu einer reinen Änderungsatzung sinnvoll und aus Sicht der Verwaltung notwendig.

 

Die Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung wird den Ratsgremien aller Mitgliedsgemeinden in gleichlautender Fassung zur Entscheidung vorgelegt.

 

Allgemeine Hinweise zur Rückwirkung der ABS:

 

Eine rückwirkende Aufhebung der ABS – insbesondere verbunden mit einer Rückzahlung bereits vereinnahmter Beiträge – ist laut Kommunalaufsicht des Landkreises Gifhorn, des Niedersächsischen Innenministeriums und der Kanzlei Appelhagen aus Braunschweig rechtlich unzulässig.

 

Bei beitragspflichtigen Straßenbaumaßnahmen an öffentlichen Einrichtungen, bei denen eine sachliche Beitragspflicht schon entstanden ist, muss die Beitragserhebung nach altem Recht erfolgen. Aktuell handelt es sich um folgende öffentliche Einrichtung

 

  • Sportweg in Hillerse.

 

Bei Straßenbaumaßnahmen, bei denen die sachliche Beitragspflicht erst nach dem 01.01.2021 entstehen wird, muss die neue Satzungsregelung angewendet werden.

 

 

Zu II. Umgestaltung durch Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge

 

Das Bundesverfassungsgericht hat am 25.06.2014 entschieden, dass die Erhebung wiederkehrender Beiträge für Verkehrsanlagen verfassungsgemäß ist.

 

Die Niedersächsische Landesregierung hat die Entscheidung durch Änderung des  NKAG zum 01.04.2017 umgesetzt und den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt, wiederkehrende Straßenausbaubeiträge einzuführen – jetzt § 6 c NKAG. Der Grundgedanke des Gesetzgebers zur Einführung war, die Belastung für die Grundstückseigentümer über einen längeren Zeitraum zu strecken.

 

Die Gemeinden sollen zukünftig nach pflichtgemäßen Ermessen entscheiden können, ob sie einmalige oder wiederkehrende Beiträge für den Ausbau ihrer Verkehrsanlagen erheben wollen.

 

Bei der Festsetzung von einmaligen Beiträgen wird der Betrag ausschließlich für die Straße „vor der eigenen Haustür“ erhoben. Mit dem Institut der wiederkehrenden Beiträge wird den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, zur Finanzierung des Investitionsaufwandes für den Ausbau von Straßen größere Gebiete festzulegen. Der Investitionsaufwand kann auf alle Eigentümer der in dem Gebiet der Abrechnungseinheit gelegenen Grundstücke verteilt werden. Dadurch wird eine Vielzahl von Grundstückseigentümern abgabepflichtig und die finanzielle Belastung des Einzelnen erträglicher. 

 

Nach einer vorläufigen Betrachtung in Frage kommender Gebiete wird es innerhalb der Gemeinde Hillerse mit dem Gemeindeteil Volkse rd. 4 bis 5 Abrechnungseinheiten geben.

 

Der Beitragsermittlung ist grundsätzlich der jährlich entstehende tatsächliche Investitionsaufwand je Abrechnungseinheit zugrunde zu legen. Fallen in einem Jahr keine Aufwendungen an, entfällt auch die Festsetzung von Beiträgen.

 

Wie bei den einmaligen Straßenausbaubeiträgen muss auch bei den wiederkehrenden Beiträgen ein Gemeindeanteil gebildet werden, der in der ABS festzuschreiben ist. Die eine öffentliche Einrichtung bildenden Verkehrsanlagen stellen eine Einheit dar mit der Folge, dass es lediglich einen einheitlichen Gemeindeanteil gibt. Zur Ermittlung muss eine systemgerechte Abwägung zwischen dem Verkehrsaufkommen, das dem Anliegerverkehr und dem Durchgangsverkehr dient, vorgenommen werden. Als Rechtsfolge kann sich daraus ergeben, dass für die einzelnen Abrechnungseinheiten auch Gemeindeanteile in unterschiedlicher Höhe festzusetzen sind. Gesetzlich wird ein Mindestgemeindeanteil in Höhe von 20 Prozent des Investitionsaufwandes vorgeschrieben.

 

Durch die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen kann es zu Überschneidungen mit der Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach dem Baugesetzbuch (BauGB) oder einmaligen Straßenausbaubeiträgen nach dem NKAG kommen. Dementsprechend wird die Gemeinde ermächtigt, sog. Verschonungsregelungen über einen bestimmten Zeitraum in die ABS aufzunehmen, um Doppelbelastungen für Grundstückseigentümer zu vermeiden. Die maximale Befreiungsfrist liegt bei 20 Jahren.

 

Nach den der Verwaltung vorliegenden Informationen hat in Niedersachsen die Stadt Springe (rd. 30.000 Einwohner) die wiederkehrenden Beiträge eingeführt. Gegen die dort gebildeten Abrechnungseinheiten sind Klagen anhängig. Weitergehende Erfahrungswerte anderer Kommunen liegen nicht vor.

 

Maßgebliche Rechtssätze und Rechtsauffassungen werden im Straßenausbaubeitragsrecht vornehmlich durch Richterrecht vorgegeben. Aufgrund der erst neuen Rechtsnorm zur Einführung der wiederkehrenden Beiträge liegen zu diesem Rechtsgebiet in Niedersachsen noch keine wegweisenden Entscheidungen vor.

 

Bei der Einführung von wiederkehrenden Beiträgen ist zu berücksichtigen, dass für die umfängliche Ersterfassung und Einzelbewertung der beitragspflichtigen Grundstücke eine zusätzliche Halbtagskraft für einen Zeitraum von geschätzt 18 Monaten benötigt wird. Zudem ist für die Pflege der Ersterfassungsdaten die Beschaffung eines IT-Moduls zwingend notwendig. Mit der im Beitragsrecht renommierten Fa. isp-kommunal aus Hannover wurden bereits erste Kontaktgespräche geführt.

 

Zunächst mag die Einführung von wiederkehrenden Beiträgen aufgrund des hohen Klagerisikos und des steigenden Verwaltungsaufwandes durchaus kritisch erscheinen. Dennoch wird die Anwendung nicht verworfen und in einen Prüfungsauftrag umgewandelt.

 

Seitens der Verwaltung wird erkannt, dass durch die Größe der Abrechnungseinheiten die Beitragslast für den einzelnen Grundstückseigentümer vehement reduziert wird. Insofern verringern wiederkehrende Straßenausbaubeiträge die Gefahr hoher Einmalbelastungen, was die Akzeptanz gegenüber den Bürgern deutlich erhöhen dürfte.

Für die Gemeinde bleibt im Gegenzug die Einnahmequelle der Straßenausbaubeiträge auf Dauer erhalten. Sie bleibt weiterhin entkoppelt von der Grundsteuer und dem niedersächsischen Finanzausgleich.

 

Über den Nds. Städte- und Gemeindebund kann durch Anfragen in den kommenden Jahren ermittelt werden, inwieweit andere Kommunen dieses Rechtssystem eingeführt haben. Zudem kann die zu diesem Themengebiet ergangene Rechtsprechung regelmäßig sondiert werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zu III. Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung

 

Bei Wegfall der Straßenausbaubeitragssatzung muss die Finanzierung notwendiger Straßenbaumaßnahmen künftig über allgemeine Haushaltsmittel erwirtschaftet werden. Im Einzelnen:

 

 

1. Aufnahme von Krediten

 

Gemäß § 111 Abs. 6 NKomVG dürfen Kommunen Kredite nur dann aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre. Eine Kreditaufnahme bedarf der Genehmigungspflicht der Aufsichtsbehörde.

 

Kredite dürfen grundsätzlich zur Finanzierung der im Finanzhaushalt geplanten investiven Straßenbaumaßnahmen aufgenommen werden. Zur Rückzahlung der Darlehen fällt für die Kommune eine Zins- und Tilgungslast an.

 

Um eine stetige Aufgabenerfüllung der Gemeinde zu gewährleisten, muss der im Finanzhaushalt ausgewiesene Saldo zwischen Ein- und Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit die Höhe des Zins- und Tilgungsbetrages abdecken.

 

Dies ist bei der Gemeinde Hillerse derzeit nicht der Fall.

 

Empfehlung der Verwaltung: Die Aufnahme von Krediten ist kein geeignetes Mittel zur Gegenfinanzierung

 

 

2. Erhöhung der Grundsteuer

 

Bei einem Wegfall der Beitragseinnahmen wird als häufigste Gegenfinanzierungsmaßnahme die Erhöhung der Grundsteuerhebesätze genannt.

 

Wie jede andere Steuer auch, dient sie zunächst zur allgemeinen Deckung des Gesamthaushaltes. Eine zweckgebundene Einsetzung direkt zur Finanzierung für Maßnahmen des Straßenbaus ist nicht zulässig.

 

Die vom Niedersächsischen Landtag zu beschließende Grundsteuerreform wird zwingend eine Neuregelung zur Berechnung des Steuermessbetrages nach sich ziehen. Derzeit sind die vorgenannten Auswirkungen auf den jeweiligen Gemeindehaushalt noch ungewiss. Modelle und Berechnungen werden frühestens ab 2023 / 2024 möglich sein.

 

Wie bereits eingangs erwähnt, belasten Grundsteuererhöhungen auch den Personenkreis der Grundstückseigentümer, die gerade für die erstmalige Herstellung des Straßennetzes in einem Wohnbaugebiet einen Erschließungsbeitrag nach BauGB gezahlt haben. Diese Ungleichbehandlung trifft auch Beitragspflichtige, die vor Kurzem noch einen Straßenausbaubeitrag für ihre verbesserte oder erneuerte Verkehrsanlage entrichtet haben. Rechtlich besteht keine Möglichkeit, diesen Personenkreis von der Erhöhung der Hebesätze auszunehmen.

 

Vermieter werden von der rechtlich zulässigen Möglichkeit Gebrauch machen, die Grundsteuererhöhung auf die Mieter abzuwälzen. Dadurch werden sich unweigerlich die Mietnebenkosten erhöhen. Ob diese Folge in einer Zeit, in der die Höhe der Mietkosten zu einem, wenn nicht dem bedeutendsten sozialen und gesellschaftlichen Problem geworden ist, gewollt und vertretbar sein kann, dürfte ernsthaft zu bezweifeln sein.

 

Eine Finanzierung der Straßenbaukosten aus der Grundsteuer führt nach §§ 3 bis 5 Grundsteuergesetz zur Freistellung der meisten großen öffentlichen oder teilöffentlichen Grundstücksnutzungen (z.B. Sportplätze, Sporthallen und alle Freizeitanlagen, Schul- und Kita-Grundstücke, Friedhöfe, Kirchengrundstücke, Bahnhofsgelände) und damit zu einer erheblichen Mehrbelastung der Eigentümer von Wohngrundstücken.

 

Allgemein ist bei der Grundsteueranhebung zu berücksichtigen, dass nicht der vollständige Mehrerlös im gemeindlichen Haushalt verbleibt. Ein beträchtlicher Teil dieser Steuereinnahmen geht durch den kommunalen Finanzausgleich und die zu leistende Kreis- und Samtgemeindeumlage verloren.

 

 

Aus der als Anlage 7 beigefügten Aufstellung ist ersichtlich, welche finanziellen Auswirkungen sich bei beispielhaft genannten Anhebungen der Grundsteuerhebesätze ergeben. Bei einer Erhöhung von bisher 490 auf 769 Punkte ergibt sich ein rechnerischer Mehrbetrag in Höhe von 250.360,00 €. Mit diesen Mehrerträgen wären dann etwaige zukünftige Beitragsausfälle finanzierbar.

 

 

Empfehlung der Verwaltung: Keine Gegenfinanzierung durch eine Erhöhung der Grundsteuerhebesätze

 

 

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Finanzielle Auswirkungen:

 

Die vorgeschlagenen Änderungen der ABS

 

  • Reduzierung der Anteilssätze (Ziffer I. 1. des Sachverhalts) und
  • Gewährung einer Eckgrundstücksvergünstigung (Ziffer I. 4. des Sachverhalts)

 

bewirken allesamt automatisch eine deutliche Reduzierung der Einnahmen. Eine Beispielberechnung von einer in der Gemeinde Hillerse im Ausbaubeitragsrecht abgerechneten und einer noch abzurechenden Straße ist als Anlagen 5 und 6 beigefügt.

 

Die Änderung der Zuschussregelung wird sich aufwandsneutral für den gemeindlichen Haushalt auswirken, da der Zuwendungsgeber sowohl bei Durchführung von Dorferneuerungsmaßnahmen als auch bei der Bezuschussung von Gemeindestraßen im Außenbereich bereits heute vorschreibt, dass die Zuwendung direkt vom beitragsfähigen Aufwand in Abzug zu bringen ist.

 

Im Rahmen der Gewährung einer Zuwendung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz hat der Gesetzgeber auch diese Vorschrift angepasst, so dass die Zuschüsse nicht mehr um die festgesetzten Anliegerbeiträge gekürzt werden müssen.

 

Der Straßenausbaubeitrag war bisher zwingend innerhalb eines Monats zur Zahlung fällig. Eine mögliche Ratenzahlung sah nach der Abgabenordnung einen festgeschriebenen Zinssatz in Höhe von 6 % im Jahr vor.

 

Durch die Möglichkeit der Verrentung des Beitrages kann die Fälligkeit bei Vorliegen der Voraussetzungen bis zu 20 Jahren gestreckt werden, was sich selbstverständlich negativ auf die Gemeindefinanzen auswirken wird. Zudem werden durch den niedrigen Zinssatz (neue Satzung: 1,12%, nach AO: 6 %) insgesamt Zinseinnahmen entfallen.

 

Aus dieser Argumentation und den teilweise 5-stelligen Beitragssummen lässt sich die Problematik der betroffenen Haushalte ableiten. Die Verrentung stellt für die Beitragspflichtigen eine einfache und wirtschaftliche Möglichkeit zu Finanzierung ihrer Beitragspflicht dar. Aus Sicht der Gemeinde entsteht dem gegenüber kein wesentlicher Verlust.

 

Insgesamt muss seitens der Verwaltung allerdings abgewartet werden, in welchem Umfang die Möglichkeit der Verrentung von den Beitragspflichtigen in Anspruch genommen wird.

 

 

Fazit:

 

Für die Gemeinde Hillerse ergibt sich ein Beispiel der aufgezeigten Modellrechnung:

-  mit der Neufassung hätten  108.097,37 € aus einer Grundsteuererhöhung finanziert               müssen

-  bei einer Abschaffung der Straßenausbaubeiträge hätten durch eine  Grundsteuererhöhung 326.186,73 € finanziert werden müssen

 

 

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Anlage/n:

1 –  Neufassung ABS

2 –  Antrag CDU-Fraktion im Gemeinderat Hillerse vom 12.02.2020

3 –  Gesetzestext Änderung NKAG vom 24.10.2019

4 –  Gegenüberstellung ABS 2017 – ABS 2021

5 – Beispielberechnung Anteilssätze

6 – Beispielberechnung Eckgrundstücksvergünstigung

7 – Beispielberechnung Erhöhung Hebesätze Grundsteuer

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage 1_Neufassung ABS (3153 KB)      
Anlage 2 2 Anlage 2_Antrag CDU Fraktion im Gemeinderat Hillerse vom 12.02.2020 (132 KB)      
Anlage 3 3 Anlage 3_Gesetzestext Änderung NKAG vom 24.10.2019 (440 KB)      
Anlage 4 4 Anlage 4_Gegenüberstellung ABS 2017 _ ABS 2021 (1973 KB)      
Anlage 5 5 Anlage 5_Beispielberechnung Anteilssätze (126 KB)      
Anlage 6 6 Anlage 6_Beispielberechnung Eckgrundstücksvergünstigung (140 KB)      
Anlage 7 7 Anlage 7_Beispielrechnung Erhöhung Hebesätze Grundsteuer (234 KB)      
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