Vorlage - MEI/2022/067  

Betreff: Abrechnung der "Dieckhorster Straße" im Gewerbegebiet Meinersen
hier: - Kostenspaltung im Erschließungsbeitragsrecht
- Aufwandsspaltung im Straßenbaubeitragsrecht
Status:öffentlich  
  Aktenzeichen:20-22 53 10/40
Beratungsfolge:
Verwaltungsausschuss der Gemeinde Meinersen Vorberatung
Gemeinderat Meinersen Entscheidung
15.06.2022 
Sitzung des Rates der Gemeinde Meinersen ungeändert beschlossen     
Anlagen:
Anlage 1 - Lageplan der abzurechnenden öffentlichen Einrichtung  
Anlage 2 - Lageplan mit den Teillängen gemeinsamer Rad- und Gehweg und einseitiger  

Beschlussvorschlag:

 

 

1. r die im Geltungsbereich des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes „Gewerbegebiet Dieckhorster Straße Neufassung“ einschließlich 1. Änderung gelegene öffentliche Einrichtung „Dieckhorster Straße“ wird nach § 10 der Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde Meinersen vom 28.09.2010 eine Kostenspaltung für die Teileinrichtungen

 

  • Herstellung der Entwässerungseinrichtungen und
  • Herstellung der Beleuchtungseinrichtungen

 

beschlossen.

 

 

2. r die öffentliche Einrichtung „Dieckhorster Straße“ gelegen im Geltungsbereich des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes „Gewerbegebiet Dieckhorster Straße Neufassung“ einschließlich 1. Änderung wird nach § 8 der Straßenausbaubeitragssatzung der Gemeinde Meinersen vom 10.12.2020 eine Aufwandsspaltung gefasst und somit ein Straßenbaubeitrag selbständig erhoben für

 

  • die Kosten des Grunderwerbs der öffentlichen Einrichtung,
  • die Verbesserung / Erneuerung der Fahrbahn,
  • die Herstellung eines gemeinsamen Rad- und Gehweges auf der Westseite und
  • die Herstellung eines Gehweges auf der Ostseite.

 

 

3. Der gemeinsame Rad- und Gehweg verläuft auf der Westseite der Anlage von der Ampelanlage bis zur Straßeneinmündung „Auf der Schafweide“. Die einseitige Gehweganlage auf der Ostseite beginnt an der Straßeneinmündung „Auf der Schafweide“ und endet in nördlicher Richtung am Geltungsbereich des Bebauungsplanes.

Da diese beiden Teileinrichtungen nicht in gesamter Länge der öffentlichen Einrichtung ausgebaut sind, wird einer beitragsfähigen Abrechnung im Teilstreckenausbau zugestimmt. Beginn und Ende der beiden Teilstrecken sind in dem als Anlage 2 beigefügten Lageplan gekennzeichnet.

 

 


Sachverhalt:

 

Als Erstes wird die Frage beantwortet, warum eine Beitragserhebung nicht zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt wurde, wenn doch die Anliegerversammlung bereits im Jahre 2013 stattfand.

Ganz einfache Antwort:

Zum einen hat sich die Straßenbaumaßnahme von 2014 bis 2020 in dem heutigen Zustand über insgesamt 3 Bauphasen hingezogen.

Zum anderen geht der rechtsverbindliche Bebauungsplan aus dem Jahre 1985 nicht von einer ebenerdigen über eine Ampelanlage geregelten Kreuzung, sondern vom Vorhandensein einer Brückenanlage mit seitlicher Böschungsanlage aus.

Dieser planungsrechtliche Umstand wurde letztendlich erst mit der 1. Änderung des Bebauungsplanes „Gewerbegebiet Dieckhorster Straße Neufassung“ rechtsverbindlich seit dem 31.03.2022 beseitigt. Damit ist erst jetzt eine rechtmäßige Beitragserhebung möglich und zulässig.

 

 

Zur Abrechnung der hergestellten / ausgebauten Teileinrichtungen an der „Dieckhorster Straße“ im Gewerbegebiet Meinersen ist die Anordnung einer Kostenspaltung im Erschließungsbeitragsrecht bzw. Aufwandsspaltung im Straßenausbaubeitragsrecht erforderlich.

 

In dem als Anlage 1 beigefügten Lageplan ist die abzurechnende Länge der öffentlichen Einrichtung „Dieckhorster Straße“ dargestellt.

 

 

Aus beitragsrechtlicher Sicht unterliegen die in den Jahren 2014, 2017/2018 und 2020 durchgeführten Straßenbaumaßnahmen mit den einzelnen Teileinrichtungen unterschiedlichen Rechtsgebieten wie folgt:

 

Erschließungsbeitragsrecht

Rechtsgrundlage: Baugesetzbuch i.V.m. der Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde

 

Straßenentwässerung und Straßenbeleuchtung werden erstmalig hergestellt und waren vor Beginn der Baumaßnahmen nicht vorhanden.

 

Straßenausbaubeitragsrecht

Rechtsgrundlage: Nds. Kommunalabgabengesetz i.V.m. der Straßenausbaubeitragssatzung der Gemeinde

 

Die Fahrbahn war bereits frostsicher und tragfähig vorhanden. Die Erneuerung der kompletten Binder- und Deckschicht sowie die Herstellung der verkehrsberuhigten Maßnahme stellt eine Verbesserung der Teileinrichtung Fahrbahn dar.

Durch die Anlegung eines gemeinsamen Rad- und Gehweges auf der Westseite und eines einseitigen Gehweges auf der Ostseite unterscheidet sich die Straße hinsichtlich der funktionalen Aufteilung der Gesamtfläche und damit in verkehrstechnischer Hinsicht vorteilhaft vom vorherigen Zustand. Durch die Trennung des Rad- und Fußngerverkehrs vom Kraftfahrzeugverkehr auf der Fahrbahn wird die Sicherheit und Leichtigkeit der Verkehrsflüsse insgesamt wesentlich erhöht.

 

 

Zur Information der Grundstückseigentümer hat die Gemeinde Meinersen bereits am 14.02.2013 eine Anliegerversammlung durchgeführt.

 

 

 

 

 

Zu 1.:

 

Da der Bebauungsplan „Gewerbegebiet“ seit dem 31.08.1985 rechtsverbindlich ist, ist ab diesem Zeitpunkt die im Geltungsbereich befindliche „Dieckhorster Straße“ als Anbaustraße im Sinne des § 127 BauGB zu qualifizieren. Nach der seinerzeit geltenden Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde vom 24.06.1982 war eine öffentliche Einrichtung endgültig hergestellt, wenn diese über

 

-          eine Pflasterung, eine Asphalt-, Teer-, Beton- oder ähnliche neuzeitliche Bauweise,

-          eine Straßenentwässerung sowie

-          eine Straßenbeleuchtung

 

verfügt. Was die Fahrbahn betrifft, sind die vorbezeichneten Herstellungsmerkmale auch was Fahrbahnaufbau und Fahrbahnbreite anbelangt erfüllt. Damit ist die Fahrbahn bereits einmalig erstmalig im Rechtssinne hergestellt.

 

Eine funktionierende Straßenentwässerung wurde erst mit der Straßenbaumaßnahme im Jahre 2017/2018 hergestellt, in dem das anfallende Straßenwasser aufgrund der einseitigen Gefällelage der Fahrbahn in den seitlich verlaufenden öffentlichen Graben abgeleitet wird.

Gleiches gilt für die Straßenbeleuchtung, die ebenfalls erst mit den Baumaßnahmen in den Jahren 2014 bzw. 2017/2018 hergestellt wurde.

 

Somit unterliegt die Herstellung der Straßenentwässerungseinrichtung und der Beleuchtungseinrichtung den Bestimmungen des Erschließungsbeitragsrechtes.

 

Dieser Herstellungsaufwand ist gegenüber den Beitragspflichtigen nach vorheriger Kostenspaltung mit einem Anliegeranteil in Höhe von 90 v. H. gegenüber den Grundstückseigentümern einzufordern.

 

 

Die angrenzenden Grundstücke im Abrechnungsgebiet werden nach dem Bebauungsplan mit der Gebietsausweisung GE = Gewerbegebiet belegt. Ein Vorteil erwächst Gewerbegrundstücken, wenn von der ausgebauten Anlage auf das Gewerbegrundstück heraufgefahren werden kann.

Bei einigen Grundstücken steht dem die offene Grabenparzelle der Gemeinde Meinersen entgegen. Da die Grabenparzelle im Eigentum der Gemeinde steht, liegt es nicht im Einflussbereich des Grundstückseigentümers, das bestehende Hindernis auszuräumen, welches die Erreichbarkeit seines Grundstückes von der Dieckhorster Straße aus unterbindet.

 

r solche Konstellationen besteht im Erschließungsbeitragsrecht die Lösung (und dies ist von Kommentierung und Rechtsprechung belegt), dass das Grundstück in die Verteilungsregelung nach § 131 BauGB einzubeziehen ist, aber erst bei Aktualisierung des Vorteils durch Beseitigung des Hindernisses beitragsfähig wird.

D.h. das Grundstück ist auf Dauer latent beitragsfähig mit der Folge, dass die Gemeinde Meinersen den auf dieses Grundstück entfallenden Beitrag zunächst vorhält und bei Wegfall des Hindernisses einen Beitragsbescheid erlassen kann.

 

Im Erschließungsbeitragsrecht werden zudem Grundstücke, die im Außenbereich liegen nicht in das Abrechnungsgebiet einbezogen.

 

 

 

 

 

 

 

Zu 2.:

 

Da die Teileinrichtung „Fahrbahn“ nach der Erschließungsbeitragssatzung aus dem Jahre 1982 bereits erstmalig hergestellt war, unterliegt die im Jahre 2017/2018 durchgeführte Verbesserung dieser Anlage dem Straßenausbaubeitragsrecht.

 

Bei dieser gewidmeten Innerortsstraße handelt es sich im Beitragsrecht um eine öffentliche Einrichtung, die überwiegend dem Durchgangsverkehr dient. Bei der Verlängerungsstrecke in Richtung Dieckhorst handelt es sich um eine Gemeindeverbindungsstraße der Samtgemeinde Meinersen.

 

Die Straßenausbaubeitragssatzung sieht bei diesem Straßentyp folgende Verteilungsverhältnisse vor:

 

     Gemeinde   Anlieger

Fahrbahn 80 v.H. 20 v.H.

Rad- und Gehweg 65 v.H. 35 v.H.

Gehweg 55 v.H. 45 v.H.

 

 

Auch im Straßenausbaubeitragsrecht ist ein Gewerbegrundstück nur bevorteilt, sofern von der ausgebauten öffentlichen Einrichtung auf das Grundstück heraufgefahren werden kann.

 

Steht im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten der Inanspruchnahme- möglichkeit der ausgebauten Anlage von einem Anliegergrundstück aus ein auf dem Straßengelände befindliches Hindernis tatsächlicher Art entgegen (z.B. ein offener Graben), unterliegen diese Grundstücke nicht der Beitragspflicht. Als Ergebnis wird der Gemeinde der Ausfall aufgebürdet und zwar in dem diese Grundstücke ungeachtet der mangelnden Beitragspflicht bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen sind. Im Straßenausbeitragsrecht kann die Gemeinde diesen Aufwand zu einem späteren Zeitpunkt anders als im Erschließungsbeitragsrecht nicht mehr umlegen.

 

Anders als im Erschließungsbeitragsrecht wird im Straßenausbaubeitragsrecht jedwede Grundstücksnutzung auch bei Acker-, Grün- und Waldflächen im Außenbereich berücksichtigt.

 

 

Zu 3.:

 

Nach dem vom Gemeinderat beschlossenen Ausbauprogramm sollte auf gesamter Länge der „Dieckhorster Straße“ ausschließlich ein Gehweg auf einer Teillänge ab Ampelanlage für „Radfahrer erlaubt“ errichtet werden. Aufgrund der verkehrsbehördlichen Anordnung und wie vor Ort sichtbar ist allerdings für diese Teillänge ein gemeinsamer Rad- und Gehweg entstanden. Dies wiederum hat abrechnungstechnisch enorme Auswirkungen.

 

Nunmehr liegen 2 unterschiedliche Teileinrichtungen vor, die nach der Straßenausbaubeitragssatzung auch mit unterschiedlichen Anteilssätzen belegt sind.

 

Eine Erneuerung oder Verbesserung muss sich grundsätzlich auf die Straße in gesamter Länge und auf all ihre Teileinrichtungen beziehen. Allerdings wäre es ein wirtschaftlicher Unsinn die Straße oder Teileinrichtungen auf gesamter Länge auszubauen, obwohl Teilstrecken noch tiptop in Ordnung sind bzw. Ausbaupläne einen vollständigen Ausbau weil nicht erforderlich nicht vorsehen.

 

r einen derartigen Fall wie hier für den gemeinsamen Rad- und Gehweg und den einseitigen Gehweg hat die Rechtsprechung die Rechtsfigur des Teilstreckenausbaues installiert.

 

Das Nds. Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat für die Anwendung folgende Voraussetzungen vorgegeben:

 

a)        Die Teilstrecke darf nicht nur einen untergeordneten Teilbereich erfassen (weniger als 1/3 der Gesamtlänge).

Gesamtlänge „Dieckhorster Straße“ = 420 m

Teilstrecke gemeinsamer Rad- und Gehweg=  175 m (41,7 %)

Teilstrecke einseitiger Gehweg = 245 m (58,3 %)

 

Ergebnis: Diese Voraussetzung ist erfüllt.

 

b)        r den Vollausbau auf gesamter Länge besteht kein Bedürfnis

Ergebnis: Der Ausbau der Teileinrichtungen an der „Dieckhorster Straße“ ist abgeschlossen. An einem Weiterbau innerhalb der Anlage besteht keine Notwendigkeit.

 

 

c)        Die Gemeinde macht die Notwendigkeit eines nur teilweisen Ausbaus und die Beendigung der Baumaßnahme deutlich.

Ergebnis: Beginn und Ende der ausgebauten Teileinrichtungen sind in dem als Anlage 2 beigefügten Lageplan gekennzeichnet.

 

Beim beitragsfähigen Teilstreckenausbau sind alle Grundstücke der Straße und nicht nur die Grundstücke im Bereich der Ausbaustrecke bevorteilt.

 

 

Folgende Beteiligungsverfahren wurden eingeleitet:

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen:

NEIN

Beteiligung des Seniorenbeirates:

NEIN

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Zu 1.:

 

Herstellungsaufwand im Erschließungsbeitragsrecht für die Straßenentwässerung und Straßenbeleuchtung

 

Beitragsfähiger Aufwand = 27.096,82 €

 

Umlagefähiger Aufwand nach der Erschließungsbeitragssatzung

 

Gemeinde 10 v. H. 2.709,68 €

Anlieger 90 v. H.  24.387,14 €

 

Davon:

 

Tatsächliche Einzahlungen:   12.428,80 €

Erschließungsbeitrag, den die Gemeinde aufgrund des

Hindernisses offener Graben zunächst vorhalten muss:  11.958,34 €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zu 2.:

 

Ausbaukosten im Straßenausbaubeitragsrecht:

 

  • Fahrbahn 139.880,57 €
  • Gemeinsamer Rad- und Gehweg 53.345,88 €
  • Gehweg 66.870,92 €

 

Die Kosten des Grunderwerbs werden den einzelnen Teileinrichtungen zugeordnet.

 

Umlagefähiger Aufwand nach der Straßenausbaubeitragssatzung

 

Teileinrichtung            Gemeindeanteil                          Anliegeranteil             

 

Fahrbahn 80 v.H.   111.904,46 € 20 v.H.    27.976,11 €

Rad- u. Gehweg 65 v.H.     34.674,82 € 35 v.H.    18.671,06 €

Gehweg 55 v.H.     36.779,01 € 45 v.H.    30.091,91 €

Insgesamt 183.358,29 € 76.739,08 €

 

 

Davon:

 

Tatsächliche Einzahlungen:  39.651,37 €

Straßenausbaubeitrag, der aufgrund des Hindernisses

offener Graben vollständig ausfällt und von der Gemeinde

getragen werden muss.  37.087,71 €

 

 

Bei einer Nutzungsdauer der ausgebauten Teileinrichtungen von 25 Jahren werden die Erschließungsbeiträge und Straßenausbaubeiträge als Sonderposten für den gleichen Zeitraum im Ergebnishaushalt aufgelöst.

 


Anlage/n:

Anlage 1 - Lageplan der abzurechnenden öffentlichen Einrichtung

Anlage 2 - Lageplan mit den Teillängen gemeinsamer Rad- und Gehweg und einseitiger

 Gehweg

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage 1 - Lageplan der abzurechnenden öffentlichen Einrichtung (870 KB)      
Anlage 2 2 Anlage 2 - Lageplan mit den Teillängen gemeinsamer Rad- und Gehweg und einseitiger (220 KB)      
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