Vorlage - HIL/2013/141  

Betreff: Weiterentwicklung der Windenergienutzung - Stellungnahme - der Gemeinde Hillerse
Status:öffentlich  
  Aktenzeichen:65-30-00
Beratungsfolge:
Bau-, Umwelt- und Planungsausschuss der Gemeinde Hillerse Vorberatung
14.01.2014 
9. Sitzung des Bau-, Umwelt- und Planungsausschusses der Gemeinde Hillerse ungeändert beschlossen     
Verwaltungsausschuss der Gemeinde Hillerse Vorberatung
Gemeinderat Hillerse Entscheidung
16.01.2014 
15. Sitzung des Rates der Gemeinde Hillerse ungeändert beschlossen     
Anlagen:
Karte_Mögliches Vorrang- bzw. Eignungsgebiet_Hillerse  

Beschlussvorschlag:

 

Die Gemeinde Hillerse fordert den ZGB auf, die im Entwurf enthaltene Potenzialfläche für Windkraft westlich von Hillerse nicht als Vorrangstandort für Windkraft auszuweisen.
 


Sachverhalt:

 

a) Entwicklungskonzept der Gemeinde Hillerse

 

Im Rahmen dieses Entwurfes schränkt der ZGB durch die Ausweisung der Potenzialfläche die Nutzung und die Entwicklung des Gewerbegebiets an der Biogasanlage ein. Die Gemeinde Hillerse plant das Gewerbegebiet zwischen der L 320, entlang der schon vorhandenen Straße, bis hin zur Biogasanlage zu entwickeln. Der ZGB wird aufgefordert, dieses Entwicklungskonzept zu berücksichtigen und den 500 m Abstand zur Potentialfläche entsprechend ab der L320 Richtung Süden vorzuhalten.

 

b) Landschaftsbild

 

Die Potenzialfläche liegt unmittelbar zwischen den beiden im RROP als empfindlich eingestuften naturnahen Niederungen der Oker und der Erse. Der Okerniederung kommt eine besondere Bedeutung für Natur und Landschaft sowie der Erholung zu. Der geplante Windpark mit 10 – 14 200 m hohen WEA zerstört nachhaltig das intakte und nicht vorbelastete Gebiet der Okerniederung. Es kommt durch die Errichtung von WEA zu einer gravierenden technischen Überprägung des Landschaftsbilds und infolge des ebenen, sehr struktur- und gehölzarmen Geländes entsteht eine erhebliche negative und dominante Wirkung auf das Landschaftsbild.

 

Das Landschaftsbildgutachten (LABI) 2013 sieht eine 2-km-Pufferzone für Niederungen generell nicht mehr vor, da keine vergleichbare fernwirksame Sichtbeziehung wie bei Höhenzügen besteht. Dies entspricht bei der Okerniederung nicht der Realität. Aufgrund des ebenen Geländes und der Strukturarmut sieht man von Leiferde aus die Windräder von Meerdorf in 15 km Entfernung.

Dabei sind derzeitige Windräder in Meerdorf mit 120 m Höhe und 60 m Rotordurchmesser klein gegenüber den in der Okerniederung möglichen mit 200 m Gesamthöhe und über 100 m Rotordurchmesser. Die Empfindlichkeit des Landschaftsbildes gegen WEA ist durch die Verdopplung der Anlagengröße generell wesentlich größer geworden.

 

 

Das LABI, Stand 2004, sieht vor: „In den Okerniederungen ist aufgrund ihrer hohen Empfindlichkeit auf die Festlegung von WEA Standorten zu verzichten“. An den Kriterien, die zu dieser Bewertung geführt haben, hat sich nichts Grundlegendes geändert. Daher fordert die Gemeinde den ZGB auf, wie 2004, durch eine 2-km-Pufferzone den Schutz der Okerniederung als wertvolle, großräumige und naturnahe Landschaft sicher zu stellen.

 

c) Abstand

 

Wesentlicher Faktor für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz und soziale Verträglichkeit von Windparks ist der Abstand zu Siedlungen und die Lage des Windparks zu den Siedlungen bezüglich der Hauptwindrichtung.

 

Im RROP 2004 sind 1000 m als Abstand zu Siedlungen festgeschrieben worden. Die durchschnittliche Anlagenhöhe beträgt im ZGB-Gebiet zurzeit 100 – 120 m. Somit sind heute ca. 10 H als Abstand gegeben. Bedingt durch den technischen Fortschritt sind die geplanten Anlagen mit ca. 200 m doppelt so hoch. Die 200-m-Anlage mit über 100 m Rotordurchmesser ist auch die Basis-Anlage in den Unterlagen des ZGB. Wegen der Verdopplung der Anlagenhöhe sollte nach Ansicht der Einwohner in Hillerse der Abstand entsprechend angepasst/vergrößert werden auf 5/10 H. Zurzeit gibt es keine langfristigen Erfahrungen, wie sich Windparks mit 10 – 14 200 m hohen Windrädern mit Rotoren von über 100 m Durchmesser in nur 500 / 1.000 m Entfernung auf die Gesundheit der Bürger auswirken.

 

Neben Hillerse und Didderse betrifft die Potenzialfläche auch 1 Einzelhaus und 2 Kleinsiedlungen. Insbesondere diese Anlieger betrachten den Abstand für Kleinsiedlungen und Einzelhäuser von 500 m für nicht akzeptabel! Windkraftanlagen mit 200 m Höhe in so geringem Abstand können durch Lärm, Schattenwurf, optische Bedrängung, nachts flackernden roten Signallampen und möglichem Infraschall die Gesundheit der Bürger schädigen und permanenten Stress für die betroffenen Personen erzeugen.

Die Potenzialfläche liegt nur 500 m entfernt vom Heidkrug. Für die dortige Gaststätte geht es, neben den massiven Beeinträchtigungen, um die wirtschaftliche Existenz. Deswegen ist in diesem Einzelfall ein größerer Abstand erforderlich.

 

d) Lage

 

Der geplante Windpark liegt 1000 m südwestlich von Hillerse und somit in Hauptwindrichtung. Alle Emissionen werden somit an den meisten Tagen im Jahr durch den Wind ins Dorf getragen und beeinträchtigen die Bürger von Hillerse. Die für Windkraftanlagen typischen Lärmspitzen, die beim Passieren des Rotorblattes am Mast entstehen, werden in der TA Lärm nach dem Empfinden vieler Menschen nicht ausreichend berücksichtigt und sind für viele vergleichbar belastend wie ein tropfender Wasserhahn. Ebenfalls problematisieren neue Studien in der EU und Untersuchungen der WHO, dass die zurzeit (noch) geltenden Grenzwerte zu hoch sind.

 

Die Gemeinde fordert den ZGB auf, aufgrund der Südwestlage der Potentialfläche zu Hillerse, im Rahmen einer Einzelfallentscheidung, den Abstand elipsenförmig in Hauptwindrichtung auf mindestens 1500 m festzulegen.

 

e) Avifauna

 

Aufgrund der Verbreitung des Rotmilans kommt dem Gebiet, das als eines der Hauptverbreitungsgebiete dieser Art in Niedersachsen gilt, eine herausragende Rolle für den Erhalt der Art zu. Der Rotmilan gehört zu den Arten mit höchster Priorität für den Artenschutz in Niedersachsen.

Ein besonderes Konfliktpotenzial stellt dabei die Nutzung der Windenergie dar, da Rotmilane überproportional häufig als Schlagopfer unter Windrädern gefunden werden.

 

 

Die Okerniederung mit ihrer strukturreichen Kombination aus Grünländern, Waldrändern, Getreidefeldern und Flussaue stellt einen sehr geeigneten Gesamtlebensraum sowie Nahrungs- und auch Reproduktionshabitat für den Rotmilan und andere bedrohte Vogelarten dar.

Die angrenzenden Offenlandbereiche werden dabei als Nahrungshabitat genutzt. Ebenfalls nutzen durchziehende Wasservögel intensiv die Okerniederung und die angrenzenden Grünlandbereiche als Rast- und Nahrungsraum. Die Potenzialfläche liegt zwischen der Okerniederung auf der einen Seite und der Erseniederung sowie den Wipshäuser Seen auf der anderen Seite. Die Interaktionskorridore zwischen diesen naturnahen Gebieten werden zu überproportional vielen Schlagopfern unter den bedrohten Vogelarten führen, da sie auf ihren Flügen immer wieder den Windpark durchqueren müssen. Die Gemeinde fordert den ZGB aufgrund der vorgenannten Gründe auf, den Abstand zum FFH-Gebiet, wie vom NLT empfohlen, von 500 m auf das 10-fache der Anlagenhöhe, mindestens jedoch 1.200 m zu erhöhen.

 

f) Bürgerbefragung

 

In einer stärker dialog- und akzeptanz-orientierten Demokratie sind Bürgerentscheidungen zwingend zu akzeptieren. Die gewählten, repräsentativen Gremien müssen nach Lösungen suchen, die Bürgerentscheidung umzusetzen. Eine entsprechende, argumentative Entscheidungsfindung erwartet die Gemeinde Hillerse beim Abwägungsprozess des Planungsträgers.

Die an vielen Stellen der RROP-Entwurfs-Teilfortschreibung zur Bedingung erhobene Sozialverträglichkeit lässt deswegen eine Ausweisung der Fläche in Hillerse nicht zu, angesichts einer mehr als 2/3-Ablehnung bei einer nahezu 2/3-Wahlbeteiligung!

Zu den vielfältigen Argumenten, die zur eindeutig ablehnenden Entscheidung in Hillerse geführt haben, gehören über die dargelegten Fakten zu Landschaftsbild und Abständen sowie Lage und Avifauna hinaus, auch Fragen der Allgemeinwohlorientierung bei der Verteilung von Gewinnen und Belastungen durch die Nutzung der Windenergie.

 

g) Geplantes neues EEG, Bundesgesetzgebung (Referenzertrag)

 

Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass die Ausbauziele der EE unter einer breiten Bürgerbeteiligung erreicht werden. Wenn im Bürgerdialog nach einer intensiven Diskussion und Abwägung über Monate mit 4 Informationsveranstaltungen einzelne Projekte eindeutig abgelehnt werden, wie in Hillerse, muss eine andere Zielerreichung untersucht und geprüft werden. Dieser Aufgabe sollte sich auch der ZGB unterziehen, beispielsweise stärker und schneller den Energieverbrauch zu senken durch die Förderung von mehr Energieeffizienz. Sinn und Zweck der regenerativen Energien und der entsprechenden Förderung durch das EEG ist die Einsparung von CO2. Gemessen am Energieverbrauch im ZGB und den daraus resultierten CO2-Emissionen macht Strom ca. 15 % aus, während Wärme (Heizung) mit ca. 45 % dominiert.

 

Weiterhin wird im Koalitionsvertrag das Ziel festgehalten, Überförderung abzubauen und nur noch Standorte die mindestens einen Referenzwert von 75 – 80 % haben, zu entwickeln, um die Bürger durch die immer weiter steigende EEG-Umlage nicht noch stärker zu belasten. Im bundesweiten Vergleich liegt in Hillerse nur unterdurchschnittliches Windpotenzial vor.

Daher sollten beim Entscheidungsprozess des ZGB auch diese neuen Aspekte eines zu Ostern vorliegenden Konzeptes auf Bundesebene bei der grundlegenden Potenzialabschätzung einfließen.

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen: NEIN

 

 

 

 

 

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Keine

 


Anlage/n:

 

Karte: Mögliches Vorrang- bzw. Eignungsgebiet

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Karte_Mögliches Vorrang- bzw. Eignungsgebiet_Hillerse (408 KB)      
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