Vorlage - SGM/2012/155  

Betreff: Einordnung einer Gemeindeverbindungsstraße nach § 47 des Niedersächsischen Straßengesetzes;
hier: Übertragung des Eigentums der Straßenflächen - "Päser Kirchweg"
Status:öffentlich  
  Aktenzeichen:23 20 00/40
Beratungsfolge:
Samtgemeindeausschuss der Samtgemeinde Meinersen Vorberatung
Samtgemeinderat Meinersen Entscheidung
22.05.2012 
4. Sitzung des Samtgemeinderates ungeändert beschlossen     
Anlagen:
Übersichtsplan Päser Kirchweg  

Beschlussvorschlag:

 

Es wird festgestellt, dass

 

die in den Gemarkungen Ahnsen und Seershausen im Außenbereich verlaufende Straße "Päser Kirchweg" - bestehend aus den Flurstücken

 

              - 6 der Flur 10 von Ahnsen in Größe von                             6.148  m²

              - 1 der Flur 10 von Ahnsen in Größe von                                            112 

              - 11 der Flur 13 von Seershausen in Größe von                        12.514  m²

              - 21 der Flur 14 von Seershausen in Größe von              17.663  m²

                

keine Gemeindeverbindungsstraße der Samtgemeinde Meinersen ist. Die Straßengrundstücke werden nicht übernommen. Die Samtgemeinde Meinersen verfolgt auch langfristig nicht das Ziel, den "Päser Kirchweg" für den öffentlichen Verkehr als Gemeindeverbindungsstraße zu widmen.

 


Sachverhalt:

 

Allgemeines:

 

Grundsätzlich ist anzumerken, dass öffentliche Straßen nur diejenigen sind, die dem öffentlichem Verkehr gewidmet sind (§ 2 Absatz 1 Niedersächsisches Straßengesetz). Die Widmung nach § 6 Niedersächsisches Straßengesetz (NStrG) ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung. Sie begründet den rechtlichen Status einer Straße als öffentliche Sache, eröffnet damit die Straße dem Gemeingebrauch (§ 14 NStrG) und löst die sich aus der Straßenbaulast ergebenden Pflichten aus (§ 9 NStrG).

 

Mit Bestehen der Samtgemeinde Meinersen hat diese in Abstimmung mit ihren Mitgliedsgemeinden und dem Landkreis Gifhorn bisher sieben öffentliche Verkehrswege als Gemeindeverbindungsstraßen gewidmet. Die vier Mitgliedsgemeinden haben nach der Gebietsreform lediglich ihre Ortsstraßen dem öffentlichen Verkehr gewidmet. Hinzu kam in der Gemeinde Müden (Aller) das Straßengeflecht "Langenklint". Alle anderen Straßen im Außenbereich wurden von den Mitgliedsgemeinden nur dann für den öffentlichen Verkehr gewidmet, wenn sie ausgebaut wurden, damit eine Beitragserhebung erfolgen konnte. Das bedeutet, dass die überwiegende Zahl der Straßen im Außenbereich bisher nicht gewidmet wurden und diese damit nicht dem öffentlichen Straßenrecht unterliegen, sondern dem bürgerlichen Recht. Es bleibt der jeweiligen Gemeinde oder der Samtgemeinde als Eigentümer einer nicht gewidmeten Straßenfläche mithin noch die politische Einzelentscheidung, ob eine Straße dem öffentlichen Verkehr gewidmet werden soll und welche Funktion sie haben soll.

 

Das Niedersächsische Straßengesetz sieht in § 47 drei Arten von Gemeindestraßen vor:

 

- Ortsstraßen

- Gemeindeverbindungsstraßen

- alle anderen Straßen im Außenbereich, die für den öffentlichen Verkehr gewidmet sind.

 

Ortsstraßen sind definiert als Straßen in Baugebieten und in Ortsteilen, die im Zusammenhang bebaut sind.

 

Gemeindeverbindungsstraßen sind Straßen im Außenbereich, die vorwiegend dem nachbarlichen Verkehr der Gemeinden oder Ortsteile untereinander oder den Verkehr mit anderen öffentlichen Verkehrswegen vermitteln.

 

Andere Straßen im Außenbereich sind in erster Linie zur Benutzung durch die Eigentümer der anliegenden, landwirtschaftlich genutzten Grundstücke bestimmt und werden regelmäßig überwiegend von diesem Personenkreis benutzt. Derartige Wege werden von der Allgemeinheit erfahrungsgemäß in erheblich geringerem Umfang in Anspruch genommen, etwa von Spaziergängern und gelegentlich von Rad- und Autofahrern, denen diese Wege die Verbindung z. B. zu den nahe gelegenen Wäldern vermitteln.

 

Ortsstraßen und andere Straßen im Außenbereich stehen in der Straßenbaulast der jeweiligen Gemeinde. Nach § 98 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes ist die Samtgemeinde Meinersen für den Bau und die Unterhaltung der Gemeindeverbindungsstraßen zuständig.

 

Päser Kirchweg

 

Unabhängig von seiner tatsächlichen Nutzung handelt es sich bei dem Päser Kirchweg zurzeit noch um einen Privatweg (fiskalischen Weg) der Gemeinde Meinersen. Wie schon der Name sagt, ist er seit je her der Verbindungsweg zwischen dem Dorf Seershausen und dem  Kirchenstandort Päse gewesen und wurde neben der Erschließung der landwirtschaftlichen Flächen auch als solcher genutzt. Wie die unten aufgeführten Messungen ergeben haben, hat sich dieser Kirchweg im Laufe der Jahre allerdings zu einem stark befahrenen "Schleichweg" entwickelt, so dass über die künftige Nutzung eine politische Entscheidung herbeigeführt werden sollte. Dieses ist vor allem deshalb wichtig, weil zurzeit die Möglichkeit besteht, für einen Ausbau einen nicht unerheblichen Zuschuss zu erhalten.

 

So hat die Gemeinde Meinersen als fiskalischer Eigentümer dieses Weges die Möglichkeit, diesen Weg als Straße im Außenbereich auszubauen und als solchen für den öffentlichen Verkehr zu widmen. In diesem Fall müssten aber Nutzungsbeschränkungen durch eine Beschilderung oder Straßensperre eingerichtet werden, da die kürzlich durchgeführte Verkehrszählung im Ergebnis die Belastung einer Gemeindeverbindungsstraße nachweist.

 

Die Samtgemeinde Meinersen hätte die Möglichkeit, diesen Weg zu einer  Gemeindeverbindungsstraße auszubauen und als solche zu widmen, da die tatsächliche Nutzung dieses hergibt. Seitens der Samtgemeindeverwaltung wird dieses aber nicht empfohlen, da die Orte Seershausen und Päse durch die qualifizierten Landes- bzw. Bundesstraßen hervorragend miteinander verbunden sind. Hinzu kommt, dass schon heute die sieben gewidmeten Gemeindeverbindungsstraßen aufgrund fehlender Finanzmittel nicht ordnungsgemäß unterhalten werden können.

 

Der "Päser Kirchweg" verläuft eindeutig im Außenbereich, so dass es für die straßenrechtliche Einordnung nur darum gehen kann, ob es sich künftig um eine Gemeindeverbindungsstraße im Sinne von § 47 Nr. 2 Niedersächsisches Straßengesetz handeln soll oder um eine sonstige Außenbereichsstraße im Sinne von § 47 Nr. 3  NStrG.

 

Beide Straßentypen unterscheiden sich wesentlich durch die Qualität des aufzunehmenden Verkehrs:

 

  • Gemeindeverbindungsstraßen nehmen überwiegend Durchgangsverkehr und
  • Sonstige Straßen im Außenbereich überwiegend Anliegerverkehr auf.

 

Der Abgrenzung zur "anderen Straße im Außenbereich" muss die Prüfung vorausgehen, ob die Straße den für eine Gemeindeverbindungsstraße typischen Verbindungscharakter hat. Dabei ermöglichen folgende Kriterien die Abgrenzung:

 

              - tatsächliche Nutzung der Straße

              - Quantität und Qualität des Verkehrs,

              - Nutzungsbeschränkungen sowie Freigabe nur für den landschaftlichen Verkehr,

              - Anbindung an andere Straßen,

              - Funktion im Gesamtverkehrsnetz einschl. Verkehrsbedeutung.

 

Der Weg verbindet die Bundesstraße 188 mit der Landesstraße 414. Über die B188 setzt sich der Weg zum Ortsteil Päse über eine Kreisstraße fort. Von der L 414 ist sodann der Ortsteil Seershausen zu erreichen.

 

In der Zeit vom 12. -19. März 2012 wurde am "Päser Kirchweg" eine Verkehrszählung mit folgendem Ergebnis durchgeführt:

 

 

Messung                        

 

Anzahl

Zweirad

79

Pkw

488

Transporter

149

Lkw

21

Lastzug

12

Insgesamt

749

 

Bei der Auswertung der Verkehrszählung fällt auf, dass der Pkw-Verkehr prägnant überwiegt. Bei dem Pkw-Verkehr kann es sich nur um durchgehenden Verkehr handeln, denn die benachbarten landwirtschaftlichen Grundstücke werden erfahrungsgemäß nicht von Pkw angefahren.

 

Würde es sich bei dem "Päser Kirchweg" um eine "typische andere Straße im Außenbereich" handeln, wäre prägend, dass weniger Durchgangsverkehr anfiele, vielmehr überwiegt hier nur der Verkehr zu den land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken.

 

Im Vergleich der Verkehrszählungen zur "Dieckhorster Straße" und "Appelweg" fällt weiterhin auf, dass die Verkehrsbewegungen insgesamt beim "Päser Kirchweg" geringer ausfallen. Allerdings kommt der Quantität des Verkehrs keine bedeutsame Gewichtung zu, denn die Quantität sagt nichts über die Art des Verkehrs (Durchgangsverkehr oder Anliegerverkehr) aus. Der Quantität des Verkehrs kommt allenfalls Bedeutung mit Blick auf die Frage zu, welcher Ausbau erforderlich ist.

 

Die Straße weist derzeit eine rd. 3 m breite Fahrbahn in Asphaltbauweise auf, die sich als abgängig darstellt. Der geplante Ausbau sieht eine Beibehaltung der bisherigen Fahrbahnbreite vor. Es erfolgt ein Neuaufbau in Asphaltbauweise mit seitlicher Ausgestaltung von Banketten in Mineralgemisch.

 

Während der bisherige Ausbau von Asphaltbauweise auch dafür sprechen kann, dass es sich um eine Verbindungsstraße handelt, könnte die geringe Breite wiederum als Gegenmerkmal angeführt werden. Mit Blick auf die geringe Art des Verkehrsaufkommens insgesamt lässt sich aber wiederum eine Breite von 3 m rechtfertigen, weil bei nur 107 Verkehrsbewegungen pro Tag kaum mit entscheidendem Begegnungsverkehr zu rechnen ist. Zudem ständen für einen Begegnungsverkehr nach dem Ausbau zum Ausweichen auch seitliche Bankette zur Verfügung.

 

Nach Einschätzung des vom Fachanwaltsbüro Dr. Appelhagen aus Braunschweig eingeholten rechtlichen Gutachtens handelt es sich auch bei dem "Päser Kirchweg" aufgrund des starken überörtlichen Verkehrs eindeutig um eine Gemeindeverbindungsstraße. Bei dieser rechtlichen Beurteilung wurde aber unterstellt, dass diese Straße dem öffentlichen Verkehr gewidmet werden soll und bei der derzeitigen Belastung durch den überörtlichen Verkehr dann in Form einer Gemeindeverbindungsstraße. Zudem wird unterstellt, dass sich der Durchgangsverkehr nach einem Ausbau noch weiter erhöhen wird.

 

Wenn die straßenrechtlich beachtliche Verkehrsbedeutung zu dieser Einordnung zwingt, ergibt sich daraus als Rechtsfolge, dass die Straße nach § 98 Absatz 1 Nr. 5 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes kraft Gesetzes in die Straßenbaulast der Samtgemeinde Meinersen fällt. Ist dieses von den politischen Gremien der Samtgemeinde Meinersen gewollt, so müssten ein entsprechender Ausbau und eine entsprechende Widmung erfolgen.

 

Für den Fall des Übergangs der Straßenbaulast von einer Gebietskörperschaft auf eine andere ordnet § 11 Absatz 1 des Niedersächsischen Straßengesetzes an, dass das Eigentum des bisherigen Trägers der Straßenbaulast auf den neuen Träger der Straßenbaulast entschädigungslos übergeht.

 

Ferner hat nach § 11 Absatz 4 des Niedersächsischen Straßengesetzes der bisherige Träger der Straßenbaulast dem neuen Träger der Straßenbaulast dafür einzustehen, dass er die Straße in dem für die bisherige Straßengruppe gebotenen Umfang ordnungsgemäß unterhalten hat. Ein Beitrag zum Ausbau der Straße kann nicht gefordert werden.

 

Ein Übersichtsplan der Straße „Päser Kirchweg“ ist als Anlage beigefügt.

 

Weitere Verfahrensweise

 

Im Gebiet der Samtgemeinde Meinersen existieren derzeit insgesamt sieben Gemeindeverbindungsstraßen, die allesamt dem öffentlichen Verkehr gewidmet wurden. Nach Ansicht der Verwaltung könnten neben dem "Appelweg" und "Päser Kirchweg" noch weitere Straßen, die einen überwiegenden Verbindungscharakter aufweisen, zu Gemeindeverbindungsstraßen gewidmet werden, wenn dass politisch gewollt ist. Eine entsprechende Überprüfung der Straßen wurde bereits eingeleitet.

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen: NEIN

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Nach dem im Sommer 2011 gefassten Grundsatzbeschluss der beteiligten Gebietseinheiten soll bei einer Grundstücksübertragung zwischen der Samtgemeinde und den Gemeinden grundsätzlich der in der Anlagenbuchhaltung eingestellte Buchwert angesetzt werden. Diese Regelung widerspricht allerdings den Bestimmungen des § 11 Absatz 1 Niedersächsisches Straßengesetz, wonach für den Fall des Übergangs der Straßenbaulast von einer Gebietskörperschaft auf eine andere angeordnet wird, dass das Eigentum auf den neuen Träger entschädigungslos übergeht. Entschädigungslos bedeutet in diesem Fall, dass die annehmende Gebietseinheit keinen Buchwert zu zahlen hat.

 

Durch die rechtliche Einordnung weiterer Gemeindeverbindungsstraßen ergeben sich zukünftig für die Samtgemeinde Meinersen weitreichende Kosten für Bau und Unterhaltung dieser Wege.

 


Anlage/n:

 

1 Übersichtsplan „Päser Kirchweg“

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Übersichtsplan Päser Kirchweg (488 KB)      
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